Straßenbahnlinie Bordeaux

INNOVATIVE LÖSUNGEN IM DIENSTE DER SICHERHEIT UND VERFÜGBARKEIT

Die Linie D der Straßenbahn Bordeaux führt auf einer Strecke von ca. 10 Kilometern von der Place des Quinconces (Umsteigemöglichkeit zur Linie C) zur Endstation Cantinolle. Sie durchquert die Gemeinden Bouscat, Bruges und Eysines.

Der Auftrag für die Signaltechnik wurde am 2. Mai 2017 erteilt. Vossloh war ursprünglich für die Implementierung von 5 Wendeanlagen zuständig: Girondins, Médoc Barrier, Mairie du Bouscat, Le Sulky und ein eingleisiger Abschnitt von der Haltestelle Picot zur Endstation Cantinolle. Die Inbetriebnahme dieser Wendeanlagen der Linie D war ursprünglich für Ende 2019 geplant. Im Laufe des Projekts wurden jedoch die Wendeanlagen Quinconces und Gruet zum Projektumfang hinzugefügt. Dies war sowohl in Bezug auf das Projektmanagement als auch auf die Bereitstellung der erforderlichen Ressourcen für eine ordnungsgemäße Durchführung der Planung, Bauarbeiten und Tests eine große Herausforderung.

Die Reaktionsfähigkeit aller an diesem Projekt beteiligten technischen Lose hat dazu beigetragen, dass der Fahrgastverkehr der gesamten Linie D in zwei Phasen aufgenommen werden konnte:
  • Phase 1: Aufnahme des Fahrgastverkehrs des Sektors Quinconces der Linie D an der Haltestelle Mairie du Bouscat am 14. Dezember 2019.
  • Phase 2: Aufnahme des Fahrgastverkehrs des Sektors Mairie du Bouscat der Linie D an der Haltestelle Cantinolle am 29. Februar 2020.

Mit Ausnahme der Wendeanlagen, für die zwei Weichenanlagen installiert werden mussten, wird bei einem zweigleisigen System allgemein „auf Sicht“ gefahren. Der Straßenbahnfahrer übernimmt in diesem Fall die Funktion des „Blocksystems“, das heißt er passt die Geschwindigkeit an, um den erforderlichen Abstand zur vorausfahrenden Straßenbahn einzuhalten.

Die mit Weichenanlagen ausgestatteten Wendeanlagen müssen je nach der gewählten Strecke gesteuert und „sicher“ überfahren werden können, um Unfallrisiken bei einem zweigleisigen Betrieb zu vermeiden. Darüber hinaus müssen in Gleisbereichen, die in beide Richtungen befahren werden können, sowie in eingleisigen Bereichen Vorkehrungen getroffen werden, um den Zusammenstoß von zwei Bahnen zu verhindern (Begegnungsverbot). Dieser Aspekt kann nicht durch „Fahren auf Sicht“ gewährleistet werden.

Die Betriebsphasen der Wendeanlagen der Straßenbahnlinie D im Großraum Bordeaux gliedern sich wie folgt:
  • Festlegung des Streckenabschnitts
  • Freischalten des Abschnitts
  • Festlegung der Einfahrtspunkte
  • Überwachung der Streckenabschnitte
  • Festlegung des Ausfahrtspunkte

Die vorgeschlagenen technischen Lösungen basieren auf einer gemischten Architektur mit einem NS1 Sicherheitsrelais und einer programmierbaren Steuerung. Dabei handelt es sich um bewährte Lösungen, die Vossloh bereits bei anderen Straßenbahnprojekten eingesetzt hat.

Angesichts des komplexen Charakters der Implementierung bzw. des innovativen Konzepts des Produkts verdienen jedoch bestimmte technische Funktionen der Linie D eine besondere Erwähnung:

Gleisstromkreise im APS-Bereich (Unterflur-Stromversorgung über Stromschiene)
Dabei handelt es sich um Induktionsschleifen, die für den Verschluss eingebetteter Weichensysteme sowie für die Zugortung in Wendeanlagen benutzt werden. Für dieses System ist mindestens SIL2 erforderlich.

Dieses System wurde im Rahmen des Auftrags der Linie D an den Haltestellen Quinconces, Girondins, Gruet, Médoc Barrier, Mairie du Bouscat implementiert.

Die Unterflur-Stromversorgung der Straßenbahnen in den Wendeanlagen und die Installation anderer Ausrüstungen als SIGF in einem eingebetteten Gleis (z. B. SAE-Leuchte ...) haben sich erheblich auf die Länge der implementierbaren Gleisstromkreise ausgewirkt. In den meisten Fällen beträgt die Länge dieser Gleisstromkreise weniger als 9 m.

Die Auswahl an Systemen, die mindestens SIL2 erfüllen, war daher erheblich eingeschränkt.

Vossloh hat sich für einen Sperrkreis von „Hanning & Kahl“ entschieden, der einen zusätzlichen Sicherheitsnachweis bezüglich der Regressionsfreiheit des SIL3 des Systems bei einer Unterflur-Stromversorgung erfordert.

Achszählsystem
Das Achszählsystem besteht aus Gleissensoren, die an den Schienen befestigt sind. Dabei handelt es sich um Sensoren, die die Räder der Straßenbahn in einem geschützten Bereich erkennen. Diese Sensoren sind im Gleis angebracht, das in verschiedene Abschnitte, die sog. „Zählabschnitte“ unterteilt ist. Die Frei- bzw. Besetztmeldung gewährleistet die Sicherheit beim Fahren und Rangieren der Straßenbahn. Für dieses System ist mindestens SIL4 erforderlich.

Im Rahmen des Auftrags für die Linie D hat sich Vossloh für den von Frauscher entwickelten Achszähler FAdC (Frauscher Advanced Counter) mit zertifiziertem SIL4 entschieden.

Das Achszählsystem FAdC wurde in der Wendeanlage Le Sulky und einem eingleisigen Bereich von der Haltestelle Picot bis zur Endstation Cantinolle Station implementiert.

Je nach den örtlichen Gegebenheiten ist die Architektur des Achszählsystems mehr oder weniger komplex. Bei einer zweigleisigen Wendeanlage wie Le Sulky werden alle Informationen in einem technischen Raum oder im Hauptschaltschrank verarbeitet. Bei einem eingleisigen Abschnitt mit mehreren Gleisanschlüssen besteht das System aus Sekundärracks, die lokal die Informationen der Gleisanschlüsse verarbeiten, und einem Hauptrack, das alle Informationen des eingleisigen Abschnitts sammelt und verarbeitet.

Vossloh Cogifer und Frauscher Sensor Technology France haben bei der Implementierung der Wendeanlage und des eingleisigen Abschnitts von Picot bis Cantinolle zusammengearbeitet.

Die Zählabschnitte werden durch mehrere Sensoren abgegrenzt und anhand von Zählkarten berechnet, die mit den Gleissensoren gekoppelt sind. Über die Radsensoren steht die Fahrtrichtungsinformation der Züge zur Verfügung. Diese Information dient zur Ortung des Signals für eine geschlossene Trasse und wird, falls erforderlich, an die Steuergeräte an den Kreuzungen weitergeleitet. Geringfügige Achszählfehler können durch eine Verfahrensanweisung behoben werden, während bedeutende Fehler einen Wartungseingriff erfordern, damit das System wieder in Betrieb genommen werden kann.

Das SIL4-System erfüllt alle Anforderungen des Auftrags zur Linie D.

Verbesserte Verfügbarkeit:
Zur Unterstützung der betrieblichen Verfügbarkeit umfasst der Achszähler FAdC innovative intelligente Funktionen wie Counting Head Control CHC .

Um Zählfehler zu kompensieren, die in städtischen Umgebungen häufig auftreten, da sie durch auf dem Boden liegende Metallgegenstände (Papier, Zigaretten, Getränkedosen usw.) verursacht werden, können einige Sensoren im Gleis unter bestimmten Bedingungen in den „Schlafzustand“ versetzt werden.

So greift das System bei plötzlichen Besetztmeldungen nicht ein.

Zählpunkte werden nur dann „aufgeweckt“, wenn das Schienenfahrzeug in den angrenzenden Gleisabschnitt einfährt. Dieses von Frauscher patentierte innovative Konzept wurde ohne zusätzliche Hardware im Rahmen des Auftrags zur Linie D implementiert.

Der einfache und vollständig personalisierbare Verwaltungsalgorithmus der Linie D wartet drei aufeinander folgende Ortungen ab, bis der „schlafende“ Achszähler wieder aktiviert und eine nicht auf Schienenfahrzeuge zurückzuführende Besetztmeldung ausgegeben wird.

Von allen französischen Straßenbahnnetzen, die mit einem Frauscher Achszählsystem ausgestattet sind, ist die Straßenbahn in Bordeaux die erste in Frankreich, die von diesem innovativen Konzept profitiert.