EU-Taxonomie und ihre Umsetzung bei Vossloh

Mit ihrer europaweiten Klimaschutzinitiative “Green Deal” zielt die EU-Kommission darauf ab, den Übergang zu einer modernen, ressourceneffizienten und wettbewerbsfähigen Wirtschaft sowie Klimaneutralität bis zum Jahr 2050 zu erreichen. Ein zentraler Bestandteil davon ist die EU-Taxonomieverordnung, ein Klassifizierungssystem zur Definition ökologisch nachhaltiger Wirtschaftsaktivitäten. Die Verordnung, die am 12. Juli 2020 in Kraft getreten ist, definiert sechs Umweltziele:

1. Klimaschutz
2. Anpassung an den Klimawandel
3. Nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen
4. Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft
5. Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung
6. Schutz und Wiederherstellung der Biodiversität und der Ökosysteme

In der Verordnung wird zwischen taxonomiefähigen (eligible) und taxonomiekonformen (aligned) Aktivitäten differenziert. Lassen sich Aktivitäten den Taxonomiekriterien zuordnen, sind sie taxonomiefähig, unabhängig davon, ob die technischen Bewertungskriterien erfüllt werden. Aktivitäten sind taxonomiekonform, wenn die taxonomiefähigen Aktivitäten die Kriterien auch erfüllen.

Die Analyse aller Aktivitäten der Geschäftsbereiche Core Components, Customized Modules und Lifecycle Solutions ergab, dass sämtliche Geschäftstätigkeiten von Vossloh der Kategorie „Schienenverkehrsinfrastruktur“ (Abschnitt 6.14. des delegierten Rechtsakts zur Taxonomieverordnung vom 4. Juni 2021) zugeordnet werden können. Gemäß der Verordnung umfasst diese Kategorie unter anderem den Bau, die Modernisierung, den Betrieb und die Wartung von Bahnverkehrsstrecken. Der Großteil der Geschäftsaktivitäten von Vossloh deckt die Herstellung und Lieferung wesentlicher Komponenten und Systeme der Schieneninfrastruktur ab. Daneben bietet Vossloh umfassende Dienstleistungen rund um den Fahrweg Schiene an, wovon ein wesentlicher Teil die Instandhaltung von Schienen und Weichen betrifft. Vossloh ist entweder unmittelbar am Bau, der Modernisierung oder der Instandhaltung von Bahninfrastruktur beteiligt oder liefert seine Produkte an Kunden, die sie für die Konstruktion oder Wartung der Bahnstrecken benötigen.

Damit Wirtschaftstätigkeiten als ökologisch nachhaltig eingestuft werden, müssen sie die technischen Bewertungskriterien für die Taxonomiekonformität erfüllen. Die taxonomiekonformen Tätigkeiten wurden analysiert und die Anteile an Umsatzerlösen, CapEx und OpEx wie folgt ermittelt:
  • Substantial Contribution: Die Einhaltung der technischen Bewertungskriterien wurde individuell für die Tätigkeiten jedes Geschäftsfelds geprüft.
  • Do no significant harm (DNSH): Die DNSH-Kriterien beziehen sich überwiegend auf die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben sowie beim Ziel „Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft“ auf grundlegende Aspekte der Geschäftsaktivität. Vor diesem Hintergrund war regelmäßig eine Einschätzung der DNSH-Konformität auf Ebene des Geschäftsfelds sachgerecht.
  • Minimum Safeguards: Hier wurde ein konzernweiter Ansatz zur Sicherstellung der Minimum-Safeguards-Vorgaben umgesetzt, der eine sachgerechte und lückenlose Verfolgung dieser Vorgaben ermöglicht.

Substantial contribution

Die Geschäftsaktivitäten von Vossloh tragen zu einem verfügbaren und leistungsfähigen Schienennetz bei, das eine Grundvoraussetzung für die unter Umweltschutzaspekten gewünschte Verlagerung des Verkehrs auf die Schiene ist (siehe hierzu die Ausführungen auf der Seite 86 des Geschäftsberichts). Kein anderer Verkehrsträger ist klimafreundlicher als die Schiene. Im Sinne der Taxonomieverordnung sind die Geschäftsaktivitäten von Vossloh insgesamt als eine “ermöglichende Tätigkeit für klimafreundliche Mobilität” anzusehen. Für die Geschäftsaktivitäten von Vossloh ist grundsätzlich von einem wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz auszugehen, wenn sie die in der Kategorie “Schienenverkehrsinfrastruktur” dargelegten technischen Bewertungskriterien erfüllen. Gemäß der Verordnung wird für die Aktivitäten von Vossloh ein wesentlicher Beitrag zum Klimaschutz nur unterstellt, wenn sie auf elektrifizierten oder auf Bahnstrecken, für die ein Plan zur Elektrifizierung vorliegt, erbracht werden. Bahnstrecken, die nur für den Transport fossiler Brennstoffe bestimmt sind, fallen nicht hierunter.

Die Elektrifizierung der Schieneninfrastruktur liegt nicht im Verantwortungsbereich von Vossloh, und teilweise sind die Einsatzorte der Produkte nicht bekannt. Bei der Analyse, ob die Kriterien hinsichtlich der Elektrifizierung tatsächlich erfüllt werden, hat Vossloh einen dreistufigen Prozess verfolgt. In einem ersten Schritt nahm das Unternehmen bei sämtlichen Aktivitäten, die auf Hochgeschwindigkeitsstrecken und im schienengebundenen Stadtverkehr erfolgen, einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz an, da diese Strecken in der Regel vollständig elektrifiziert sind. Für die restlichen Anwendungsbereiche hat Vossloh in einem zweiten Schritt die wesentlichen Einzelprojekte hinsichtlich der Elektrifizierung der Bahnstrecken analysiert. Im dritten Schritt wurde für die restlichen Projekte die Elektrifizierungsrate des jeweiligen Landes herangezogen. Die Daten stammen aus öffentlich zugänglichen Studien und Angaben von offiziellen statistischen Behörden, Bahnunternehmen sowie Schienenverbänden. Zudem wurden sämtliche Aktivitäten der Geschäftsbereiche Core Components, Customized Modules und Lifecycle Solutions in allen Ländern im Zusammenhang mit Bahnstrecken untersucht, die für den Transport von fossilen Brennstoffen ausgelegt sind. Diese Aktivitäten erfüllen nicht die Bewertungskriterien für die Taxonomiekonformität. Im Ergebnis konnten keine Aktivitäten von Vossloh mit Bahnstrecken dieser Art in Verbindung gebracht werden.

Vossloh hat sich bei der Analyse der Aktivitäten vor allem auf deren wesentlichen Beitrag für das Umweltziel „Klimaschutz“ fokussiert. Aktivitäten, die wesentlich zum Umweltziel „Anpassung an den Klimawandel“ beitragen, wurden nicht identifiziert.

Do no significant harm (DNSH)-Kriterien

Als Nächstes waren die als klimaschützend eingestuften Aktivitäten dahin gehend zu prüfen, ob sie zu einer erheblichen Beeinträchtigung eines oder mehrerer der oben genannten Umweltziele führten (DNSH-Kriterien). Hinsichtlich der DNSH-Kriterien zum EU-Umweltziel „Anpassung an den Klimawandel“ gibt es keine Anhaltspunkte, dass die physischen Folgen des Klimawandels die Wirtschaftstätigkeiten von Vossloh wesentlich beeinträchtigen.

Die Kriterien für das EU-Umweltziel „Nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen“ referenzieren im Wesentlichen auf gesetzliche und behördliche Vorgaben, zu deren Einhaltung Vossloh verpflichtet ist. Zahlreiche Geschäftstätigkeiten von Vossloh kommen vollständig ohne die Nutzung der Ressource Wasser aus, beispielsweise das Fräsen und Schleifen von Schienen und Weichen, Schweißleistungen, Logistiktätigkeiten oder auch Montagearbeiten. Ansonsten wird die Ressource in den Vossloh Fabriken vor allem zur Oberflächenbehandlung von Produkten, als Kühlmittel bei Fertigungsprozessen sowie für die Herstellung von Betonschwellen gebraucht. Verunreinigte Abwässer werden in werkseigenen Kläranlagen so behandelt, dass sie mindestens den Einleitungsstandards der öffentlichen Wasserversorgung entsprechen.

Im Hinblick auf das Umweltziel „Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft“ erfüllen Vossloh Produkte die Anforderungen an eine lange Haltbarkeit und Langlebigkeit, da die meisten Komponenten auf eine sehr lange Lebensdauer ausgelegt und am Ende ihrer Nutzungsdauer recycelbar und verwertbar sind. Darüber hinaus trägt das Serviceportfolio des Geschäftsbereichs Lifecycle Solution zu einer Verlängerung der Lebensdauer von Schienen und Weichen bei.

Auch die Vorgaben bezüglich des EU-Umweltziels „Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung“ werden seitens Vossloh erfüllt. Eine große Zahl von Produkten und Dienstleistungen von Vossloh trägt etwa zur Reduktion von Lärm und Vibrationen im Gleis bei.

Bezüglich des EU-Umweltziels „Schutz und Wiederherstellung der Biodiversität und der Ökosysteme“ gilt: Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) und vergleichbare Prüfungen werden von Vossloh durchgeführt, soweit ein entsprechendes Erfordernis besteht. Vossloh unterliegt bei der Herstellung von Produkten in der Regel nicht der UVP-Pflicht. Schließlich trägt Vossloh durch die Erhöhung der Streckenverfügbarkeit und damit die Ermöglichung von mehr Verkehr bei gleicher Landnutzung dazu bei, den Flächenbedarf für die Errichtung von Schieneninfrastruktur zu minimieren und somit einen Beitrag zum Erhalt der Biodiversität zu leisten.

Minimum safeguards

Angaben zur Einhaltung der Mindestvorschriften hinsichtlich Arbeitssicherheit und Menschenrechten finden sich auf den Seiten 89 ff. und 98 ff. im Geschäftsbericht 2022.

Unter Zugrundelegung dieses Vorgehens und der genannten Annahmen und Schätzungen ergeben sich für den Vossloh Konzern folgende Werte für die taxonomiefähigen und -konformen Umsatzerlöse, CapEx und OpEx:

Taxonomiefähige und -konforme Umsatzerlöse, CapEx imd OpEx

 20222021
 Absolut
(in Mio.€)
Taxonomiefähig
(in Mio.€ / in %)
Taxonomiekonform
(in Mio.€ / in %)
Absolut
(in Mio.€)
Taxonomiefähig
(in Mio.€ / in %)
Taxonomiekonform
(in Mio.€ / in %)
Umsatzerlöse1.046,11.046,1 / 100672,3 / 64
942,8942,8 / 100584,5 / 62
CapEx58,245,6 / 7831,2 / 5466,257,6 / 8739,6 / 60
OpEx50,148,1 / 9632,8 / 6545,243,4 / 9629,1 / 64

Die Umsatzerlöse der taxonomiekonformen Geschäftsaktivitäten übertrafen den Wert des Vorjahres um 15,0 %. Der Anstieg ist in erster Linie auf den Geschäftsbereich Core Components zurückzuführen. Daneben konnten auch die anderen beiden Geschäftsbereiche, Customized Modules und Lifecycle Solutions, ihre Umsätze deutlich steigern. Der Anteil taxonomiekonformer Umsatzerlöse erhöht sich leicht um 2 Prozentpunkte. Dies lag im Wesentlichen an einem höheren Umsatzanteil mit elektrifizierten Bahnstrecken.

Die Investitionsausgaben (CapEx) der taxonomiekonformen Aktivitäten lagen um 21,2 % unter dem Vorjahreswert. Der Anteil taxonomiekonformer Umsatzerlöse ging entsprechend um 6 Prozentpunkte zurück. Der prozentuale Rückgang resultierte hauptsächlich aus höheren Investitionen für ein konzernweit einheitliches ERP-System, die definitionsgemäß als nicht taxonomiefähig einzustufen sind. Dadurch hat sich gemäß den Kriterien der Verordnung der Anteil ökologisch nachhaltiger Investitionen an den Gesamtinvestitionen reduziert.

Die Betriebsausgaben (OpEx) der taxonomiekonformen Aktivitäten erhöhten sich im Vorjahresvergleich um 12,7 %. Der Anteil taxonomiekonformer Betriebsausgaben stieg um einen Prozentpunkt. Der Anstieg ist insbesondere auf höhere Wartungs- und Reparaturaufwendungen zurückzuführen.

Weiter gehende Informationen zu Umsatz, CapEx und OpEx

Die Umsatzerlöse sind definiert als Nettoumsatzerlöse gemäß IFRS, wie sie in der Gewinn- und Verlustrechnung ausgewiesen sind, und beziehen sich mithin nur auf vollkonsolidierte Tochtergesellschaften. Der Anteil der ökologisch nachhaltigen Umsatzerlöse ermittelt sich, indem die taxonomiekonformen Nettoumsatzerlöse durch die gesamten Umsatzerlöse im Konzern geteilt werden. Weitere Informationen zu den Umsatzerlösen finden sich auf den Seiten 131 f. des Geschäftsberichts.

Zusammensetzung des Umsatzerlösezählers

Mio.€20222021
Umsatzerlöse aus Verträgen mit Kunden672,3584,5
Gesamt672,3584,5

Die Investitionsausgaben (CapEx) umfassen Investitionen in langfristige immaterielle oder materielle Vermögenswerte einschließlich der im Rahmen von Asset- oder Share-Deals erworbenen Güter, wie sie in der Konzernbilanz ersichtlich sind. Die Berechnung der Investitionsausgaben (CapEx) erfolgt auf Bruttobasis, also ohne Berücksichtigung von Neubewertungen oder planmäßigen wie auch außerplanmäßigen Abschreibungen. Weitere Informationen zu CapEx finden Sie auf den Seiten 141 ff. des Geschäftsberichts.

Der Zähler für die Ermittlung der taxonomiekonformen CapEx setzt sich wie folgt zusammen:

Zusammensetzung des CapEx-Zählers

Mio.€20222021
Zugänge zu Sachanlagen1,61,4
Zugänge zu immateriellen Vermögenswerten24,422,6
Zugänge zu als Finanzinvestition gehaltenen Immobilien0,01,4
Zugänge zu Nutzungsrechten5,23,7
Zugänge im Rahmen von Unternehmenszusammenschlüssen0,010,5
Gesamt31,239,6

Die Betriebsausgaben (OpEx) berücksichtigen nicht aktivierbare Aufwendungen, die in der Gewinn- und Verlustrechnung erfasst sind, etwa Forschung und Entwicklung, Gebäudesanierungsmaßnahmen, kurzfristiges Leasing, Wartung und Instandhaltung sowie alle anderen direkten Aufwendungen aus der Instandhaltung von Sachanlagen zur Sicherstellung der Betriebsbereitschaft der taxonomiefähigen Vermögenswerte.

Der Zähler für die Ermittlung der taxonomiekonformen OpEx ergibt sich wie folgt:

Zusammensetzung des OpEx-Zählers

Mio.€20222021
Forschung und Entwicklung6,16,1
Wartungs- und Reparaturaufwendungen23,920,7
Leasingaufwendungen2,01,7
Schulungsaufwendungen0,80,6
Gesamt32,829,1